Vorläuferfähigkeiten

Die Schule geht los! Was heißt eigentlich schulfähig?

Die meisten Kinder freuen sich auf die Schule, weil sie sich als Schulkind „größer“ fühlen und weil sie in der Schule Lesen, Schreiben und Rechnen lernen.

Um diese Freude möglichst lange zu erhalten, sollten sie bei der Einschulung einige Grundfertigkeiten besitzen, die von Fachleuten auch Vorläuferfähigkeiten genannt werden. Diese Anforderungen gab es schon immer, früher sprach man von Schulreife, heute heißt es Schulfähigkeit. Es geht ganz allgemein darum, dass ein Kind sehen und hören kann, dass es mit einem Stift umgehen kann, aber auch dass es ein erstes Gefühl für Buchstaben, Laute, Zahlen und Mengen entwickelt hat. Diese Fähigkeiten entwickelt das Kind beim gesunden Aufwachsen nebenbei, wenn es tobt, zuhört, die Umwelt betrachtet und Zuhause kleine Aufgaben übernimmt. Viele Kinder haben dazu nur wenig Gelegenheit, deshalb fördert auch die Kindertagesstätte die Schulfähigkeit der Kinder.

Man spricht im Allgemeinen von motorischen, kognitiven und sozialen Kompetenzen, die ein Schulanfänger-Kind mitbringen sollte.

Zu den motorischen Fähigkeiten zählen:

  • Ballspiel, Ball fangen und werfen
  • Einbeinstand (Gleichgewicht halten), vorwärts und rückwärts hüpfen
  • rückwärts gehen
  • auf Baumstamm o. Ä. balancieren 
  • Hampelmann springen
  • verschiedene Bewegungsarten beherrschen (hüpfen, hickeln, kriechen, krabbeln u.a.)
  • richtiges Treppensteigen beherrschen
  • genaues An- und Ausmalen
  • ausschneiden
  • einen Stift „richtig“ halten
  • mit „starker Hand“ motorische Grundarbeitstechniken beherrschen  
  • eine Linie nachfahren
  • sachgerechter Umgang mit Arbeitsutensilien, wie Kleber, Spitzer Radiergummi, Schere
  • selbstständiges An- und Ausziehen, auch Schuhe binden und Jackenknöpfe und Reißverschluss schließen

Als kognitive Kompetenzen werden die Fähigkeiten verstanden, die mit dem Verstand zu tun haben, dazu gehört zum Beispiel Ausdauer, aber eben auch Wissen über bestimmte Dinge.

Zu den kognitiven Fähigkeiten zählen:

  • Grundverständnis zum Zeitbegriff (gestern, übermorgen, …)
  • Muster erkennen und fortsetzen
  • Mengen ordnen und kleine Mengen „mit einem Blick“ erfassen
  • Würfelbilder kennen
  • Unterschiede feststellen können
  • von 1 bis 10 vorwärts und rückwärts zählen
  • Farben, Formen, Größen, Gegenstände, vor allem Dinge aus dem schulischen Bereich, erkennen, benennen und unterscheiden
  • Lagebeziehungen kennen und anwenden (dahinter, davor, oben, unten…)
  • Beziehungen herstellen, Zusammenhänge erfassen
  • Bilder ordnen
  • Silben klatschen
  • Reime hören und bilden
  • Laute hören und unterscheiden
  • Lese- und Schreibrichtung kennen
  • Kinderlieder, Verse etc. auswendig können
  • Vornamen erkennen und schreiben können
  • Orientierung in Räumen
  • Personalien wiedergeben (Adresse und Telefonnummer, Geburtsdatum)
  • Schulweg meistern (alleine laufen können), angemessenes Verhalten im Straßenverkehr
  • neugierig sein
  • Misserfolge verkraften, auf NEIN hören, ein NEIN akzeptieren
  • Aufträge merken und umsetzen und eine Arbeit beenden
  • Anweisungen verstehen und ausführen
  • sich geduldig zeigen
  • Interesse an Schule haben
  • 10 bis 20 Minuten auf eine Sache konzentrieren können (nicht PC oder TV)
  • verständlich, laut und deutlich, grammatisch richtig fragen und antworten
  • altersgemäßen Wortschatz in Deutsch verwenden
  • vom Elternhaus lösen können, während der Schulzeit 
  • alleine zur Toilette gehen

Zu dem Bereich soziale Kompetenzen werden alle Fähigkeiten gefasst, die erst im zweiten Blick für den Schulerfolg von Bedeutung sind. Enttäuschungen und Ärger mit Mitschülern oder unerwartete Misserfolge belasten Kinder. Der Umgang mit den vielen verschiedenen Kindern in einer festen Lerngruppe ist nicht einfach, muss geübt und ausgehalten werden.

Zu den sozialen Fähigkeiten zählen:

  • an Regeln halten
  • Offenheit und Toleranz gegenüber anderen zeigen
  • Empathie, d.h. mitfühlen können
  • eigene Meinung äußern und vertreten und andere Meinungen wahrnehmen und akzeptieren
  • Konflikte altersgemäß selbstständig und gewaltfrei lösen und Kompromisse schließen können
  • Kontakte aufnehmen und fortführen (Freundschaften schließen)
  • Höflichkeits- und Umgangsformen, auch Tischmanieren kennen und einhalten
  • Verantwortung für übertragene Aufgaben sowie eigene Materialien übernehmen
  • eigene Fehler einsehen und Kritik aushalten und annehmen 
  • Wünsche, Gefühle etc. angemessen mitteilen
  • eigene Bedürfnisse zeitweilig zurückstellen
  • teilen
  • Frustrationstoleranz (Enttäuschungen aushalten)
  • sich in Klasse/Gruppe einordnen, einbringen und zurechtfinden
  • Hilfsbereitschaft zeigen und annehmen
  • zuhören können, ohne dazwischen zu reden
  • rücksichtsvoller Umgang mit anderen und Respekt ihnen gegenüber
  • abwarten können
  • schwächere und kranke Mitschüler akzeptieren
  • Eigentum achten und Unrechtsbewusstsein besitzen

(nach Prof. Dr. Reinhold S. Jäger und Julia Riebel: Kompetenzen von Schulanfängern: Was sollten Schulanfänger können? Zentrum für empirische pädagogische Forschung 2006.)